Die Entscheidung vor dem Supermarktregal.
Die Entscheidung vor dem Supermarktregal.  Bild: Nestor Rizhniak / shutterstock.com

Neue Ansätze im 21. Jahrhundert

Die Anforderungen an das Etikett nehmen zu

Die modernen Vertriebswege in Supermarkt und Discounter stellen hohe Ansprüche an das Etikett. Der Kunde ist stark auf die Verpackung angewiesen, da die Märkte auf Selbstbedienung ausgerichtet sind und üblicherweise auf Beratung verzichten. Um inmitten dieser häufig unüberschaubaren Regale überhaupt noch wahrgenommen zu werden, setzen viele Winzer daher mittlerweile auf ein hochmodernes Äußeres ihrer Produktlinien.

Ziel ist es dabei, einerseits den Blick potentieller Kunden möglichst schnell auf die eigenen Weinflaschen zu lenken – schließlich dauert die Kaufentscheidung am Regal im Schnitt lediglich 2,5 Sekunden. Andererseits soll das Etikett aber einen möglichst unverwechselbaren Wiedererkennungswert haben und außerdem noch authentisch wirken. Insbesondere seit der Jahrtausendwende lässt sich in diesem Zusammenhang besonders bei der jungen Winzergeneration ein deutlicher Bruch mit den althergebrachten, traditionellen Motiven erkennen.

Die Möglichkeiten der Etikettengestaltung sind dabei vielfältig: Während manche Winzer auf radikalen Minimalismus setzen, um auf ihre Weine aufmerksam zu machen, versuchen andere dies durch kreative Ideen, ungewöhnliche Bezeichnungen oder provokante Slogans und Motive. Zu den bekanntesten neuen Weinetiketten zählt die Reihe des Pfälzer „Metzgers“ aus Grünstadt, der dank der innovativen Gestaltung seinen Flaschenabsatz innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppeln konnte.

Die Wirkung der eigenen Etiketten überrascht hin und wieder sogar die Schöpfer selbst: Ein trockener Grauburgunder aus Nußdorf – offizieller Name: „Bullshit“ – dessen Benennung vor allem für 25- bis 35-Jährige Konsumenten konzipiert wurde, fand überraschenden Zuspruch bei der Gruppe der über 50-Jährigen und letztlich sogar den Weg auf die Weinkarten der Sternegastronomie.

Sogenannte „QR-Codes“ (engl. Quick Res­ponse = „schnelle Antwort“) finden sich seit dem Jahr 2010 immer häufiger auf Weinetiketten. Die unscheinbaren kleinen Quadrate können mit dem Smartphone ausgelesen werden und verweisen übli­cherweise auf eine Internetseite mit weiter­­führenden Informationen zu diesem speziellen Wein und dem Winzer. Die Technik ermöglicht es grundsätzlich, dem Käufer alle erdenklichen Informationen mitzugeben, ohne dabei das Etikett hoffnungslos zu überfüllen. Ob sich QR-Codes lang­fristig behaupten können, lässt sich zurzeit noch nicht absehen – die anfängliche Welle der Begeisterung scheint jedenfalls vorüber.

Oder doch lieber Festhalten am Traditionellen?

Viele etablierte Weingüter halten entgegen aller Neuentwicklungen ganz bewusst an ihren traditionellen Etiketten fest. Alte Weingüter wie Bassermann-Jordan oder Schloss Johannisberg haben schließlich über Jahrhunderte hinweg Marken aufgebaut, die einen großen Wiedererkennungswert besitzen. Vor allem die jungen Winzer verfügen hingegen über die notwendige Flexibilität, neue Ideen auszuprobieren und manchmal auch ungewohnte Wege zu beschreiten. Sicher ist zudem eines: Die Verpackung macht den Käufer neugierig – überzeugen muss den Konsumenten langfristig aber vor allem die Qualität des Inhalts.

Urheberschaft

Autor: Simeon Guthier
Stand: 02.11.2022

Literatur

  • Das Etikett im Wandel der Zeit. In: Das deutsche Weinmagazin. Mainz 2014, 2, S. 32.
  • Die jungen Geister auf dem Weinetikett. In: Das deutsche Weinmagazin. Mainz 2014, 2, S. 20.
  • Flaschenausstattungen - Du hast nur 2,5 Sekunden. In: Wein + Markt. Mainz 2011, Sonderausgabe, S. 59-60.
  • Flaschen bieten schnelle Antworten. In: Das deutsche Weinmagazin. Mainz 2015, 14, S. 34-36.
  • Jour-fixe-Büchlein. Kulturtreffe der Freunde Gutenbergs. Mainz 2014, S. 46.
  • Tradition, aber auch Provokation und Zeitgeist. In: Das deutsche Weinmagazin. Mainz 2015, 2, S. 24-25.

Fehler: Fußnote konnte nicht geladen werden.