Die älteste Form des „Etiketts“. Dieses sumerische Rollsiegel stammt aus dem Jahr 3200 v. Chr. und zeigt, vollständig in Ton abgerollt, einen Priester beim Füttern einer Herde.
Die älteste Form des „Etiketts“. Dieses sumerische Rollsiegel stammt aus dem Jahr 3200 v. Chr. und zeigt, vollständig in Ton abgerollt, einen Priester beim Füttern einer Herde.  Bild: Louvre Museum / Marie-Lan Nguyen (public domain)

Das Etikett

Historische Entwicklung eines Qualitätssiegels

Etikettierung von Weingefäßen – im weitesten Sinne – gab es bereits um 4000 v. Chr. bei den Sumerern. Diese Vorläufer und Wegbereiter unserer modernen Etiketten sahen natürlich noch etwas anders aus: Motive wurden mit Stempeln und Rollsiegeln aus Stein unmittelbar in den Ton der Gefäße oder in den Verschluss gedrückt. [Anm. 1]

Die Winzer der Antike entwickelten neue Methoden, um ihre Weinamphoren zu kennzeichnen. Griechen und Römer bedienten sich hierzu kleiner beschrifteter Anhänger aus unterschiedlichen Materialien, die am Gefäß befestigt wurden. Daneben war es auch üblich, Angaben über Inhalt, etwa über Jahr und Weinlage, mittels Farbe, Stempel oder Einritzung direkt am Gefäß anzubringen. [Anm. 2]

Über zwei Jahrtausende – durch das gesamte Mittelalter hindurch – war das Anhängen von kleinen Zetteln oder Warenplomben an Weingefäße eine verbreitete Praxis. [Anm. 3] Zumindest wenn nicht direkt vom Fass abgefüllt wurde (der sogenannte „Zapf“) und eine Beschriftung somit überhaupt erforderlich war. Am Ende der Frühen Neuzeit wurden diese Weinanhänger zunehmend auch aus wertvolleren Metallen oder Materialien wie Elfenbein gefertigt. 

Erst gegen Anfang des 19. Jahrhunderts entstand das Flaschenetikett, wie wir es heute kennen: Im Zuge der Industrialisierung wurde zunächst die Verwendung von Glasflaschen üblich. Außerdem entwickelte der Münchener Alois Senefelder zwischen den Jahren 1796 und 1798 das Verfahren des Steindrucks (Lithografie). Diese Erfindung ermöglichte es erstmals, hohe Auflagen farbiger Motive billig zu vervielfältigen – der Weg für die Massenproduktion von Weinetiketten war geebnet. [Anm. 4]

Diese ersten Etiketten gaben meist nur schlicht den Inhalt der Flasche in Textform wieder. Doch schon nach wenigen Jahren lassen sich, zusammen mit der Zunahme an inhaltlichen Informationen, erste Ornamente, neue Formate und Formen sowie schließlich zahlreiche künstlerische Motive ausmachen. [Anm. 5] Um das Jahr 1900 kam auf vielen Flaschen die heute gängige Halsschleife hinzu, [Anm. 6] die allerdings in der jüngsten Zeit wieder außer Mode zu kommen scheint.

Das „Etikett“ – die „Étiquettes“?

Das Wort Etikett leitet sich ursprünglich ab vom französischen étiquette (altfranz. estequier = feststecken). Verbreitung erlangte der Begriff im Zusammenhang mit dem Lebensalltag an frühneuzeitlichen Adelshöfen. Étiquettes bezeichneten hier Zettel, auf denen die Rangfolge der Fürsten bei offiziellen Anlässen festgeschrieben wurde. Verstieß jemand gegen diese Ordnung, so handelte er „etikettenwidrig“. [Anm. 7]

Die Bezeichnung Étiquette trat rasch in den allgemeinen Sprachgebrauch ein, um Zettel und Schilder auf Waren zu beschreiben. Hier wurden vor allem Herkunft, Inhalt, Preis oder Qualität der Produkte verzeichnet – also deren „Rang“. Auch zur Beschriftung von Weinschildern setzte sich das Wort in dieser Bedeutung in zahlreichen Sprachen durch, im Deutschen seit dem 18. Jahrhundert. 

Bei einem Etikett handelte es sich ursprünglich nicht um ein Marketing-Instrument, sondern um eine bloße Warenauszeichnung, mit welcher Erzeuger oder Händler eine Gewähr für den Inhalt ihrer Produkte garantierten. Neben diese juristische Funktion trat sehr schnell der werbende und dekorative Charakter, der Etiketten so interessant macht.

Urheberschaft

Autor: Simeon Guthier
Stand: 07.11.2022

Literatur

  • Kehr, Walter: Wein und Kunst vereint auf Flaschenetiketten. Edler Rheingauer Riesling verdient zum Kunstobjekt zu werden. In: Heimatjahrbuch des Rheingau-Taunus-Kreises, Bd. 37 (1986), S. 167-169 
  • Müller, Hermann-Dieter: Weinetiketten - Ausdrucksmittel ihrer Zeit. In: Gonsenheimer Jahrbuch, Bd. 9 (2001), S. 114-118.
  • Thielen, Johann: Zur Geschichte des Deutschen Weinetiketts. Schriften zur Weingeschichte, Sonderheft 1, Wiesbaden 1975

Anmerkungen:

  1. Thielen, S. 5. Zurück
  2. Thielen, S. 5. Zurück
  3. Thielen, S. 6. Zurück
  4. Thielen, S. 5; Kehr, S. 168; Müller, S. 117. Zurück
  5. Thielen, S. 7-9. Zurück
  6. Thielen, S. 13. Zurück
  7. Müller, S. 117 Zurück

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