Ausstellung historischer Weinkeltern in Kloster Eberbach. Das rechtsrheinische Kloster war in Rheinhessen reich begütert.
Ausstellung historischer Weinkeltern in Kloster Eberbach. Das rechtsrheinische Kloster war in Rheinhessen reich begütert. Bild: Jearu / Shutterstock.com

Klöster und Stifte

Bedeutung für die Entwicklung des Weinbaus

Wer an Klöster und Wein denkt, hat schnell idyllische Bilder von wohlgenährten Geistlichen in einem gutgefüllten Fasskeller vor Augen. Tatsächlich begann die Beziehung zwischen Kloster und Wein in der Spätantike jedoch weniger harmonisch: Ganz im Sinne asketischer Lebensweise war das Verhältnis der ersten Glaubensgemeinschaften – zahlreicher Erwähnungen in der Bibel zum Trotz – eher verhalten bis ablehnend. [Anm. 1] Der Mönchsvater Benedikt von Nursia gestand im vierzigsten Kapitel seiner um 540 entstandenen Benediktsregel den Mönchen nur ein bescheidenes „Quantum“ (etwa 0,273 Liter) pro Tag zu. Lediglich bei schwerer Arbeit in heißen Sommern durfte der Prior höhere Mengen zulassen – allerdings niemals so viel, dass Trunkenheit einsetzen könnte. [Anm. 2] Erst im weiteren Verlauf des Frühmittelalters vom 6. bis 8. Jahrhundert übernahmen die Kleriker eine aktivere Rolle im Weinbau. [Anm. 3]  

Bild: Stadtarchiv Mainz, U / 1467 August 26 (in 13 / 212)
Bild: Stadtarchiv Mainz, U / 1467 August 26 (in 13 / 212)
Bild: Stadtarchiv Mainz, U / 1467 August 26 (in 13 / 212)
Bild: Stadtarchiv Mainz, U / 1467 August 26 (in 13 / 212)

Bildergalerie: Michael Zabel von Zornheim und seine Ehefrau Grede pachten für 10 Jahre von Abt, Prior und Konvent des St. Jakobsbergs einen Hof zu Zornheim mit allen zugehörigen Äckern und Weinbergen.

Ursprünglich entstanden Klöster oder Stifte oft durch einen reichen Adeligen, der sie mit einem Vermögen und Grundbesitz ausstattete. Es handelte sich bei einer solchen Stiftung nicht zuletzt um eine Investition in die Infrastruktur des eigenen Territoriums. Denn Klöster wurden nicht selten in einem noch „wilden“, unkultivierten Landstrich angesiedelt, betrieben dort Landbau, errichteten Werkstätten und gründeten Schulen, Apotheken sowie weitere Einrichtungen. [Anm. 4] Außerdem – und das war in der gottesfürchtigen mittelalterlichen Lebensrealität mindestens genauso wichtig – hatten die Bewohner des Klosters für das Seelenheil des Stifters zu beten. [Anm. 5] Die Ausbreitung des Weinbaus in Deutschland, und damit einhergehend vermutlich auch dessen früher auch sakrale Allgegenwärtigkeit, [Anm. 6] ist in großen Teilen auf solche Stiftungen an Benediktiner und Zisterzienser zurückzuführen. [Anm. 7] Letztere entwickelten zudem rasch ein Talent für den Handel mit Wein und waren daran am Rhein maßgeblich beteiligt. [Anm. 8]

Im Forschungsprojekt „Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz“ sind für das Gebiet des heutigen Rheinhessen bislang 86 historische Klöster und Stifte erfasst. Die meisten von ihnen befanden sich in den Städten Alzey, Mainz, Oppenheim und Worms, aber auch in Bingen, Ingelheim und vereinzelt in kleineren Ortschaften. [Anm. 9] Die Versorgung mit Wein war für jedes einzelne ein Thema: sowohl als unmittelbarer Weinbergsbesitz mit Weinbereitung in eigenen Kellern, falls vorhanden, oder über den indirekten Weg als Abgabepflicht auf verpachteten Grundbesitz. [Anm. 10] So besaß beispielsweise das gut erforschte Stift „St. Alban vor Mainz“ einen auf mehr als 200 Orte verstreuten Besitz, überwiegend im Gebiet des heutigen Rheinhessen, aber auch darüber hinaus. [Anm. 11] Ähnliches lässt sich für die Mainzer Johanniter, das Johannisstift, Liebfrauen zu den Staffeln, St. Stephan und viele weitere Klöster und Stifte festhalten. [Anm. 12] Linksrheinisch lag der überwiegende Teil des Mainzer Stiftsbesitzes dabei in den angesehensten Orten an den Rheinterrassen. [Anm. 13] Die weingeschichtliche Bedeutung der zahlreichen klerikalen Einrichtungen ist noch nicht zusammenhängend mit Blick auf die gesamte Region untersucht. Es darf davon ausgegangen werden, dass auch die Alzeyer, Wormser, Oppenheimer, Binger und Ingelheimer Klöster den Mainzern darin wenig nachstanden.

Rheinhessen war darüber hinaus in erheblichem Umfang auch geprägt von weiter entfernten Klöstern, welche hier ihre Weinbesitzungen hatten: Zu den ältesten und wichtigsten unter ihnen zählen das 744 gegründete Kloster Fulda und das 764 gegründete Kloster Lorsch, in deren Kopialbüchern zahlreiche rheinhessische Orte zum ersten Mal namentlich genannt werden, sowie das 1136 gegründete Kloster Eberbach, welches mit seinen vielen Höfen (Grangien) am ganzen Rhein zu einer Wirtschaftsmacht heranwuchs.

In die Kritik geriet „Das Weingebaren der Pfaffheit“ vor allem ab dem Spätmittelalter immer stärker. Der Klerus war von Steuern befreit und der eigene Ausschank und Kleinverkauf in den Städten nahm immer größere Ausmaße an – in Mainz galt dies insbesondere ab 1462, nachdem die Stadtfreiheit verlorengegangen war. Der eigene Weinverkauf der Klöster und Stifte soll direkt von den Kanzeln angepriesen worden sein. Dies erregte den Unmut der städtischen Oberschicht, welche ihre eigenen Ansprüche gefährdet sah, und führte bis zur Säkularisation immer wieder zu beträchtlichen Streitigkeiten. [Anm. 14]

Literatur

  • Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz e. V (Hrsg.): Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz. URL: www.klosterlexikon-rlp.de (Zugriff: 02.08.22)
  • Koch, Hans-Jörg: Weinparadies Rheinhessen. Reben, Kultur, Land u. Leute. 3., überarb. u. wesentl. erw. Aufl. Alzey 1982.
  • Matheus, Michael: Von friesischen Fernhändlern und Kranen in Mainz: Der Rhein als mittelalterliche Handelsroute. In: Mainz. Stadt am Strom. Hrsg. v. Hedwig Brüchert 2022, S. 37–72.
  • Mathy, Helmut: Kurmainzer Weinbau und Weinhandelspolitik vom 17. bis 19. Jahrhundert. In: Weinbau, Weinhandel und Weinkultur. 6. Alzeyer Kolloquium. Hrsg. v. Alois Gerlich. Stuttgart 1993 (Geschichtliche Landeskunde, Bd. 40), S. 188–222.
  • Mathy, Helmut: Weinkultur in Mainz seit dem Mittelalter. Wiesbaden 1993 (Schriften zur Weingeschichte, Bd. 105).
  • Schmid, Reinhard: Die Abtei St. Alban vor Mainz im hohen und späten Mittelalter. Geschichte, Verfassung und Besitz eines Klosters im Spannungsfeld zwischen Erzbischof, Stadt, Kurie und Reich. Mainz 1996 (Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz, Bd. 30).
  • Schreiber, Georg: Deutsche Weingeschichte. Der Wein in Volksleben, Kult und Wirtschaft. Köln 1980 (Werken und Wohnen, Bd. 13).
  • Seeliger, Hans Reinhard: Wein und Weinbau der Abtei Ebrach im Steigerwald und die Frage der Herkunft des Silvaners in Franken. Stiftung und Wein: Historische SKizzen zum Leben in Klöstern stiften und Hospitälern. Zwei Vorträge. Wiesbaden 2014 (Schriften zur Weingeschichte, Bd. 185).
  • Staab, Franz: Agrarwissenschaft u. Grundherrschaft. Zum Weinbau d. Klöster im Frühmittelalter. Stuttgart 1993.
     

Anmerkungen:

  1. Die Mönche bewahrten allerdings in ganz Europa und über viele Jahrhunderte die önologische Fachliteratur und widmeten sich der Aufgabe, dieses seit der Antike bekannte Wissen in handlichere und instruktivere Darstellungen zu übertragen – hingewiesen sei beispielsweise auf „De rerum naturis“ von Hrabanus Maurus aus dem Jahr 844; vgl. hierzu Staab, Franz, 1993, Önologische Fachliteratur in den Klöstern. Zurück
  2. Staab, Franz, 1993, Abschnitte „Einleitung“ und „Der vorklösterliche Weinbau […]“. Zurück
  3. Für eine Liste der Schenkungen rheinhessischer Weinberge an die Klöster Fulda und Lorsch im 8. Jahrhundert vgl. das Einleitungskapitel zum Mittelalter. Umgekehrt soll die erste Schenkung eines Weinbergs an ein rheinhessisches Kloster bereits von Dagobert I. ausgegangen sein, der im Jahr 638 Güter und Weinberge im Lobdengau (heute Ladenburg in Baden) an das Stift St. Peter in Worms gab; vgl. hierzu Koch, Hans-Jörg, 1982, S. 40. Zurück
  4. Mathy, Helmut 1993, Einleitung. Zurück
  5. Seeliger, Hans Reinhard, 2014, S. 33–34. Ab dem Hochmittelalter kamen in Städten auch bürgerliche Stiftungen auf: Nämlich Spitale und Hospitale mit dem Zweck der Kranken- oder Altenversorgung – aber auch dem Beten für das Seelenheil des Stifters. Stiftungen als selbstständige Rechtspersönlichkeiten sind eine Entwicklung des 19. Jahrhunderts. Im Mittelalter bestanden Stiftungen nur aus Vermögen und Stiftungszweck, die von einer Korporation verwaltet wurden (beispielsweise einem Bischof, dem Domkapitel oder einer Abtei). Diese war gegenüber dem Stifter eine Verpflichtung eingegangen, die auch über dessen Tod hinaus Bestand hatte; vgl. hierzu Ebenda, S. 35–36. Zurück
  6. Weins kommt im Christentum bekanntermaßen eine wichtige Rolle in der Eucharistie zu, aber auch außerhalb der Messe: Beispielsweise gesegneter Wein bei Hochzeiten als rechtlich bedeutsamer Ehetrunk, Ablutionswein (Lippenbenetzung für Neugeborene), Johanneswein (Abschiedstrunk, auch für Todkranke) oder daran anknüpfend der Minnetrunk für die Familie (bei Beerdigungen); vgl. hierzu Schreiber, Georg, 1980, S. 31. Zurück
  7. Schreiber, Georg, 1980, S. 83–85. Zurück
  8. Matheus, Michael 2022, S. 47. Zurück
  9.   Institut für Geschichtliche Landeskunde Rheinland-Pfalz e. V. (Hrsg.): Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz. URL: www.klosterlexikon-rlp.de (Zugriff: 02.08.22) Zurück
  10. Immer wieder finden sich in den Quellen deutliche Hinweise darauf, dass die Mönche den Wein der eigenen Weinberge häufig gegenüber den Zins-, Gült- oder Zehntweinen bevorzugt haben. Aufgrund verschiedener Faktoren bestand für die Abhängigen eher ein Interesse darin viel, statt besonders hochwertigen, Wein zu produzieren; vgl. hierzu Mathy, Helmut 1993, Einleitung. Im Laufe der Frühen Neuzeit wurden diese Abgabepflichten daher häufig im gegenseitigen Einvernehmen durch Geldzahlungen abgelöst. Zurück
  11. Schmid, Reinhard, 1996, S. 275–444. Zurück
  12. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wären auch die Karthäuser, Karmeliter, Jesuiten und die Abtei St. Jakob sowie die Nonnen von Altenmünster zu nennen (ab 1781 in den Universitätsfonds einverleibt); vgl. hierzu Mathy, Helmut, 1993, S. 5–6; Mathy, Helmut 1993, Mainzer Stiftungsbesitz links und rechts des Rheins Zurück
  13. Allein in Bodenheim waren beispielsweise begütert: St. Victor (Weisenau), das Domstift St. Martin, die Abtei bzw. das Ritterstift St. Alban, das Nonnenkloster Maria Dalheim bei Zahlbach im Heiligen Tal, das Johannis-Stift, Maria in campis oder Heiligkreuz, St. Moritz sowie die Benediktinerinnen zu Nicomed vor Mainz, Kollegiatstifts St. Stephan; vgl. hierzu Mathy, Helmut 1993, Mainzer Stiftungsbesitz links und rechts des Rheins. Zurück
  14. Mathy, Helmut, 1993, S. 7–8; Zit. Mathy, Helmut 1993, Abschnitt „Das Weingebaren der Pfaffheit“. Zurück

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